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Offene Küche in Corona-Zeiten

Familienkrach durch Corona

Die Krise bringt es an den Tag: viele deutsche Familien sind im Dauerstress. Kurzarbeit, "Homeworking", Arbeitslosigkeit, Geldmangel, drohende Insolvenzen und dann auch noch dieses Eingesperrtsein! Die Gazetten sind voll davon!

Schlimm ist es, wenn eine Familie mit 3 oder mehr Kindern in einer 70 - 80 qm großen Wohnung ohne Balkon oder Garten Tag und Nacht aufeinander hockt. In dieser prekären Situation lässt die Fliege an der Wand den häuslichen Frieden zusammenbrechen. Familiäre Gewalttaten, überwiegend gegen Frauen und Kinder, sind die Folge. Traurig, aber wahr.


Andere haben es etwas leichter, aber immer noch schwer genug.

Seit Wochen müssen viele Eltern im provisorisch eingerichteten Homeoffice arbeiten. Der Couchtisch ist zu tief für‘s Laptop, die Wohnlandschaft zu weich – da gibt’s schnell Rückenweh. Gerade ruft der Chef an, da surrt in der offenen Küche der Mixer, klappert das Kochgeschirr. Um Ruhe wird gebrüllt.

Ärgerlich, wenn der stilvolle Esstisch jetzt zum Schreibtisch mit Ordnern geworden ist und abgeräumt werden muß - Zeit fürs Mittagessen, Abendbrot, Frühstück.

Obendrein sind die Kitas und Spielplätze geschlossen und Schulen nur teilweise für die höheren Klassen geöffnet. Da reibt sich manches Familienmitglied die Augen und ist überrascht, dass die Kinder auch tagsüber durch die gemeinsame Wohnung toben.

Wenn eigene Zimmer vorhanden sind, bleiben die Kleinen aber nicht dort, sondern spielen lieber in Wohnzimmer oder Küche, wo Papa oder Mama versuchen, ihre Arbeit am PC zu machen.

Gerade kamen per Handy oder Pad von der Lehrerin die Hausaufgaben. Prompt streiten die Kinder lautstark darüber, wer wo mit Wasserfarben malen darf und wer Schularbeiten machen muss. Wenn es einen Drucker im Haushalt gibt, ist garantiert jetzt die Tinte aus. Und der WLAN-Anschluss ist mal wieder instabil.

Auch hier: die häusliche Ordnung hat sich in ein Chaos verwandelt und die trendige, offene Küche im 50 qm-Raum bietet keineswegs so einen aufgeräumten Anblick wie in den Küchenstudios! Sie schreit förmlich nach Aufräumen.


Durch die den aktuell beliebten schwarzen Küchenmöbelfronten wird die Stimmung des Eingesperrtseins noch verstärkt. Manch Ehepartner trifft jetzt plötzlich die Erkenntnis, dass in der Küche gearbeitet wird, dass das Kochen und Vorbereiten Geräusche verursacht und dass Kochgerüche und Fettdunst trotz schicker Muldenabsaugung im Wohnzimmer hängt.


Eine Abtrennung oder Teilung des großen Raumes ist nicht vorgesehen. „Ein Königreich für eine schallschluckende Trennwand“ mag mancher Corona-Geschädigter jetzt ausrufen. (CABINET oder RAUMPLUS könnten da hilfreich sein!)


Eben ist der Dreijährige von dem Barhocker am Küchentresen gefallen, ein sicherer Tripp-Trapp-Kinderstuhl hätte die Ästhetik gestört.

Der Hausherr will schon zu Nicht-Corona-Zeiten beim Fußball im Fernsehen nicht gestört werden. Nun soll er aber zuhause ein Werkstück konstruieren - er sehnt sich in sein eigenes Büro zurück. Die bewegungsgehemmten Kinder geben nur Ruhe, wenn Fernsehen schon nachmittags erlaubt wird. Das Chaos ist komplett.


Hat die arrivierte Familie in ihrer 120 qm großen Vierzimmerwohnung etwa nicht genug Platz? War das Vorzeige-Wohnzimmer mit offener Designer-Küche nicht ihr Traum??


Und die Dame des Hauses? Sitzt sie im Schneidersitz entspannt bei ihrer Arbeit – so wie es die Werbung suggeriert? Oder hat sie sich auf eine Bettkante zurückgezogen – im einzigen Raum, den frau abschliessen kann? Steht sie heimlich nachts auf, um am Esstisch mit ihrem Laptop endlich arbeiten zu können?


Was hat Virginia Woolf mit Raumplanung zu tun?

„Ein Zimmer für sich allein!“ so lautete 1929 Virginias revolutionäre Forderung nach einem Rückzugsort für Frauen in einer gemeinsamen Behausung.

Aber „Die Küche ist das Reich der Hausfrau!“ galt noch bis in die 90er Jahre. Ein eigener Schreibtisch für eine Frau? Wie viele Schriftstellerinnen haben ihre Romane in der Küche geschrieben, weil für sie kein eigenes Zimmer vorgesehen war?

Was macht die moderne Frau in Zeiten wie diesen? Ein Tisch in der Küche zum Schnippeln, Arbeiten und Vorbereiten ist „Old School“ und stört die Linienführung stylistischer Küchen.

Aber es gibt Abhilfe – auch eine Konstruktion aus den 1920er Jahren: Der ausziehbare Tisch in der 60cm oder 90 cm breiten Schublade. Kosten ca. 170,-- €, stellt HAILO her. Leicht einzubauen und meine Empfehlung zum Arbeiten mit Laptop, zum Bügeln, Platz für die Nähmaschine für’s Maskennähen oder für die Malereien des Jüngsten geeignet.


Meine "revolutionäre" Empfehlung: Baut wieder geschlossene Küchen. Gönnt Euch separate Wohnzimmer. Besser noch: wenn möglich, gönnt Euch ein kleines Zimmer für jedes Familienmitglied als Hort des Rückzugs, der Ruhe und der Kreativität!


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